Das Echo des Urknalls


Eine der größten Entdeckungen in der Astronomie


„Daß wir den Urknall, die Geburtsstunde unseres Universums vor 13.8 Mrd. Jahren sehen können, statt uns damit begnügen zu müssen, über ihn nachzudenken, verdanken wir einer zufälligen kosmologischen Entdeckung. Als ein Physiker namens Jim Peebles 1965 an der Universität Princeton Berechnungen durchführte, die die kosmische Expansion im Gedankenexperiment rückgängig machten, kam er zu dem verblüffenden Ergebnis, daß die Strahlung des Urknalls noch heute durch das Universum strömen müsse. Ja, sie müsse sogar nachweisbar sein. Er berechnete die zu erwartende Frequenz und und Stärke dieser Strahlung (Mikrowellenstrahlung—>f=150MHz/λ=2mm) und begann, zusammen mit seinen Kollegen Robert Dicke und David Wilkinson ein Instrument zu ihrer Messung zu bauen…

Zur gleichen Zeit machten sich, ohne daß die drei davon wußten, in den nahe gelegenen Bell Laboratories/New Jersey zwei Astrophysiker namens Arno Penzias und Robert  daran, mit einem bis dahin kommerziell genutzten Mikrowellendetektor ein wenig Astronomie zu betreiben. Als Penzias und Wilson, völlig uninteressiert an kommerziellen Anwendungen, aber scharf darauf, den Himmel zu erforschen, den Detektor für diesen Zweck kalibrierten, stellten sie ein seltsames Rauschen fest. Aber ganz gleich, wie beide den Detektor ausrichteten, das Rauschen trat auf und war allem Anschein nach äußerst unangenehm. Sie untersuchten jeden Zentimeter des Detektors und zogen sogar die Möglichkeit in Betracht, einige Tauben, die in der Antenne nisteten, könnten die Quelle des Rauschens sein…

Die sechs Meter große Hornantenne in Holmdel/New Jersey. Mit dieser Antenne zur Satellitenkommunikation wollten Penzias und Wilson 1965 ursprünglich Radiowellen aus der Milchstrasse untersuchen

Jetzt kommt wieder Princetown ins Spiel. Peebles Berechnungen hatten ergeben, dass wir, wenn das Universum anfangs überall heiß war, heute von der Reststrahlung überschwemmt werden müßten. Denn, so Peebles, weit in die Ferne schauen bedeutet weit in die Vergangenheit zu schauen. Und wenn es in ferner Vergangenheit eine Zeit gab, in der das Universum im Grunde ein einziger Feuerball war, dann mußte es möglich sein, so weit zu schauen, daß wir das noch brennnende Universum sehen. Anders ausgedrückt: Wenn das gesamte, möglicherweise unendliche Universum vor 13.8 Mrd. Jahren vor Strahlung nur so glühte, dann muß es Bereiche davon geben, die so weit entfernt sind, daß die Strahlung dieser Glut uns jetzt erst erreicht, nachdem sie die ganze Zeit durch das sich ausdehnende und sich abkühlende All unterwegs war.


„Wir werden dieses ferne, feurige Universum in jeder Richtung, in die wir schauen, sehen, wenn wir weit genug schauen. Wir schauen nicht auf Bereiche des Weltraums, die verschieden sind, sondern in eine Zeit, in der der gesamte Weltraum in Flammen stand.“


Die Hintergrundstrahlung muß also von überall her kommen, und zwar unabhängig davon, wo man sich befindet. Wenn man weit genug in die Ferne schauen kann, muß man die heiße Phase des Kosmos sehen. Die Tatsache, daß das Licht immer einen Weg zurück gelegt hat, d.h. aus der Vergangenheit kommt und daher Vergangenheit sichtbar macht, garantiert das. Immer und überall hat die Strahlung die gleiche Temperatur. Demnach müssen alle Bereiche des Weltalls zu einem früheren Zeitpunkt miteinander in Kontakt gewesen sein: beim Urknall. Peebles erkannte das und ließ sogar einen Vorabdrück eines Artikels zirkulieren, in dem er beschrieb, was seine Kollegen und er zu tun gedachten, um diese Strahlung aufzuspüren. Schließlich sprach sich die Nachricht auch bis in die 60 km entfernten Bell Labs herum. 

Es ist zu vermuten, daß Penzias sich in diesem Augenblick erst einmal setzen mußte, denn jetzt wußte er, daß er und Wilson die ersten Menschen waren, die den Urknall gesehen (gemessen) hatten. Penzias und Wilson veröffentlichten ihre Messungen und Ergebnisse im angesehenen „Astrophysical Journal“. 1978 erhielten sie den Nobelpreis für die erste Beobachtung dessen, was als kosmischer Mikrowellenhintergrund (KMH) bezeichnet wird.“ (bearbeitete Textpassagen aus (1))

Die Entdeckung dieses Phänomens ist seitdem eines der wichtigsten Indizes für die kosmologische Urknalltheorie, dem „Big Bang“, denn dieser Zeitpunkt gilt Physikern als der Beginn von Raum und Zeit. Der britische Astronom Martin Rees bezeichnet die kosmische Hintergrundstrahlung, also das schwache Nachleuchten des Urknalls, als das „Nachglühen der Schöpfung“. Der KMH wurde bereits 1948 von George Gamow, Ralph Alpher und Robert Herman vorhergesagt.

Übrigens: Die Meßapparatur, mit dem dieser sensationelle Nachweis gelang, befindet sich heut im Deutschen Museum München (6). Arno Penzias ist am 22. Januar dieses Jahres in San Francisco verstorben.

 

Images:

pixabay und Wikimedia Commons: Holmdel Horn Antenna Full View.jpg, Eril Dunham, Share Alike 3.0

Zum Nachlesen:

(1): Katie Mack: „Das Ende von allem“ , Piper Verlag GmbH, München 2021
(2): GEO Wissen Nr.33,  3/2004: „Das Universum“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert