Heidetouren 26.06.-03.07.2021
„Auf eine geheimnisvolle Weise zieht uns die Natur magisch an. Sie schenkt uns Energie, Gelassenheit sowie Lebensfreude und läßt uns tief durchatmen. Und noch etwas vermag die Natur: Sie bringt und immer wieder aufs Neue zum Staunen.
Die Natur in der Lüneburger Heide ist ein besonderer Schatz. Begegnungen mit ihr faszinieren, überwältigen und entspannen uns. Der unendlich weite Blick über nebelverhangene Heideflächen, das Beobachten eines Eisvogels bei der Futtersuche oder das Blöken der Heidschnucken sind intensive Erlebnisse, die uns den Alltag vergessen lassen“ (1).
„Dort, wo die Heidschnucken grasen, verläuft einer der schönsten Wanderwege Deutschlands. Auf seinen 223km zwischen Hamburg-Fischbek bis zur Residenzstadt Celle reihen sich die Heideflächen der Lüneburger Heide wie eine Perlenkette aneinander. Eine schöner als die andere, jede auf ihre Art einmalig mit ihrer eigenen Kulturgeschichte. Da gibt es Berge mit steilen Heidehängen, wacholderbestandene Talkessel und klare Heidebäche. Dazwischen erstrecken sich abwechslungsreiche Flußauen, dunkle Heidebäche mit klarem, kaltem Wasser, urwaldartige Wälder und ein Mosaik aus Feldern, Wiesen und kleinen Waldstücken. Der Wanderweg ist eine Reise in eine der ältesten und ursprünglichsten Kulturlandschaften Deutschlands. Eine Reise auch zu den Heidjern, den Menschen aus der Heide, die aus dem, was die karge Heide bietet, imponierende Kirchen, Häuser und Gebäude geschaffen haben.“ (2)
Wir sind ein knappe Woche im Naturpark Lüneburger Heide unterwegs. Genauer gesagt auf dem Heidschnuckenweg in der Nordheide. Meist mit dem Fahrrad, sofern es die sandigen Zufahrten zu und auf den Heideflächen zulassen. Sonst mit Rucksack, Kamera und per Pedes. Erkunden liebevoll gepflegte Kleinstädte der Region wie Hanstedt, Jesteburg oder Egestorf. Besuchen den neuen Leuchtturm der Lüneburger Heide, den Baumwipfelpfad bei Niendorf (seit 2017 in Betrieb). Erklimmen (natürlich ohne Sauerstoffpatronen!) den höchsten Berg der Norddeutschen Tiefebene, den Wilseder Berg. Lernen den Seeve-Radweg und die (uns vorher gänzlich unbekannte) Kunststätte Bossard kennen. Queren die Heide in fast allen Himmelsrichtungen und sehen sogar Heidschnuckenherden grasen, eine genügsame nordische Schafsrasse mit dunklen Schädeln und gebogenem Gehörn. Wir haben alle Zeit dieser Welt, erkunden Lüneburg im Rahmen einer Stadtführung und statten sogar dem Hundertwasser-Bahnhof in Uelzen einen Besuch ab.
Gütesiegel, hier gleich im 3-er Pack
Die Kunststätte Bossard war bis 1950 Wirkungsstätte des Schweizer Künstlerehepaars Johann und Jutta Bossard. Das ca. 3 ha großen Waldgrundstück wurde von beiden zu Wohnstätte und Atelier ausgebaut. Die Exponate des gemeinsamen künstlerischen Schaffens sind heute der breiten Öffentlichkeit zugänglich. Für uns ein außergewöhnliches Gesamtkunstwerk mit AHA-Effekt! Im Inneren gestaltet ist eine Gemäldeausstellung der Künstlerkolonie Heikendorf. In der Homepage habe ich einige Bilder davon unter Galerien-Kunsstätte Bossard abgelegt. Alle Gebäude sowie das zugehörige große Wald- und Gartengelände laden dazu ein, Leben und Werk des Künstlerehepaars zu entdecken. Aber: Seit 2017 laufen in der Öffentlichkeit kontroverse Debatten zur Haltung des Ehepaars Bossard während der Zeit des Nationalsozialismus. Eine abschließende Einschätzung -auch im Hinblick auf die weitere Unterstützung bzw. das Fortbestehen dieser Wirkungsstätte- soll 2021 durch eine unabhängige Institution erfolgen.
Der Wilseder Berg ist mit seinen 169 Metern beileibe kein Goliath der Bergwelt, auf jeden Fall aber ein durchaus signifikanter Hügel im übrigen Heide-Flachland. Als Leiter der Hannoverschen Landesvermessung (1820-1826) wußte z.B. der Mathematiker Friedrich Carl Gauß diesen als Meßpunkt für seine geodätischen Meßreihen zu nutzen. Auf dem Metall-Kegel des Granit-Findlings kann man den Satz „GRUESS DICH DEUTSCHLAND AUS HERZENSGRUND“ entziffern. Die Rundumsicht von hier oben ist phänomenal. Das „H“ an den alten Buchen des Hutewaldes steht- wie sollte es auch anders sein- natürlich für Heidschnuckenweg.
Diese kleine Kirche in Undeloh hat es (zeitgeschichtlich) durchaus in sich. Der Ort, der 1188 erstmals urkundlich erwähnt wurde, entstand aus einer Ansiedlung des nahen Radebaches. Die zugehörige spätere St. Magdalenen-Pfarrkirche („Ecclesia“) wurde vor 1200 aus Findlingssteinen erbaut und ist wie das Kruzifix im Langhaus spätromanisch. Sie gehört zum Bistum Verden, welches um 800 durch Karl den Großen gegründet wurde…
Der kleine Ort Egestorf selbst besticht durch imposante Fachwerkhäuser und seinen alten Baumbestand, Der Hingucker in der Dorfmitte ist die St. Stephanus-Kirche mit seinem hölzernen Glockenturm aus dem 15. Jahrhundert.
Willkommen also in der Lüneburger Heide! Theodor Storm beschreibt sie voller Lyrik in einem seiner Gedichte als…“verhaltene Symphonie von Tönen und Geräuschen der natürlichen Stille“.
Quellen:
(1): „Lieblingsplatz Nordheide“, Broschüre des Verkehrsvereins Egestorf und Umgebung e.V., 2019
(2): „Heidschnuckenweg-Top Trails of Germany“, Broschüre der Lüneburger Heide GmbH, 2013
(3): Theodor Storm: Heidegedicht „Abseits“
(v.k.)