Alles beginnt 1168 in der Gemarkung Christiansdorf (heutige Altstadt von Freiberg). Abseits und weit, weit im Osten des Reiches von Stauferkaiser Friedrich Barbarossa. Das Waldhufendorf am Fuße des Erzgebirges ist wie viele andere im Zuge der Waldrodung durch fränkische Siedler entstanden. Handelsleute finden auf ihrem Fuhrweg nach Böhmen silbern glänzende Steine, die sie auf ihrem Rückweg in Goslar untersuchen lassen. Der Zufallsfund outet sich nach dem Ausschmelzen durch die dortigen Hüttenleute als Erz mit ungewöhnlich hohem Silbergehalt…
So die Überlieferung, der in kürzester Zeit vollendete Tatsachen folgen: Das Erzgebirge erlebt sein erstes „Berggeschrey“. Bergleute aus Goslar und dem Harzumland kommen in die Mark Meissen, in der Markgraf Otto von Wettin inzwischen den Bergbau an jedermann freigegeben hat. Es wird nach Silber gesucht, gefunden und geschürft. Zuerst an der Oberfläche, später tiefer im Berg. Mit der Ausübung des Bergregals über die silberführenden Gebiete um Christiansdorf, Tuttendorf und Berthelsdorf wachsen die Siedlungen in kürzester Zeit rasch an. Die Erzgänge sind mächtig und bringen überraschend hohe Erträge.
Das Freiberger Zentralrevier umfaßt -wie sich später herausstellt- eine Fläche von 35×40 km. Die Erzadern mit einer Breite von 10cm…5m und einer Tiefe bis zu 800m „streichen“ geografisch von Süd-West nach Nord-Ost. Aus dieser Ganglagerstätte sollen bis zum Jahr 1900 letztendlich mehr als 5000t Silber gefördert werden…
Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg durch die Geschichte: Die Stadtgründung 1186 ist nicht sicher nachgewiesen und geschah vermutlich noch früher. Freiberg erhält das Münzrecht, baut Burg, Wallanlagen und Kirchen. Die „Stadt am freyen Berge“ wird zunehmend wirtschaftlicher Mittelpunkt und die reichste Stadt der Mark Meißen.
Neben dem prosperierenden Montanwesen entstehen Handwerk und Gewerke. Goldschmiede, Zinngießer, Kupferschmiede und Seidensticker, Gerber und Brauer sind vielbeschäftigte Leute. Im 13. Jhd. beherbergt Freiberg in seinen Mauern schon mehr als 5000 Einwohner und sichert sich mit einer meterhohen, fast 3000m langen Stadtmauer ab, die fünf Stadttore und 39 Türme umfaßt. Sie soll- neben seinen Bürgern- auch die Klöster und fünf Pfarrkirchen mit prächtiger Ausstattung und noch heute einzigartigen Kunstwerken schützen. Sicher ist sicher!
Umfangreiche Gruben und Hütten werden angelegt und die ersten Knappschaften werden gegründet. Das Freiberger Bergrecht regelt ab 1375 bis in die Neuzeit hinein die komplexe bergbauliche Ordnung. 1429-1432 suchen die Hussitenkriege und 1471/1484 verheerende Brände Freiberg heim. Diese und Rückgänge in der Silberförderung durch Beamtenmißwirtschaft und ungelöste technische Probleme steuern die Region in eine erste große Krise. Durch neue Silberfunde im oberen Erzgebirge fließt ab 1521 frisches Kapital nach Freiberg, was Bergbau und Wirtschaft, sowie Kunst und Bautätigkeit neu beleben. Die erste Lateinschule wird eröffnet. Dom, Rathaus, Schloß und Bürgerhäuser entstehen in der Bauweise von Gotik bzw. Renaissance. Der Dombau mit Goldener Pforte, Tulpenkanzel und der Grablege für die Wettiner Landesfürsten (Nosseni) wird vollendet. 1537 führt Herzog Heinrich der Fromme von seiner Residenz im Schloß Freudenstein die Reformation im „Freiberger Ländchen“ ein.
Im 16.Jhd. führen die Erzabbaue des Reviers nun zunehmend in die Tiefe. Erreicht werden Teufen um die 400m. Mit dem Ergebnis, daß sich Technik und Wissenschaft zwangsläufig in den Dienst des Bergbaues stellen müssen, um die damit aufkommenden Probleme zu meistern (Wasserhaltung, Wasserversorgungssystem über Kunstgräben und Teiche, Stollnvortriebe, Bewetterung, Markscheidekunst usw.). 1765 wird dazu die Bergakademie als erste montanwissenschaftliche Hochschule der Welt gegründet, von dessen Lehrkörper und Absolventen bis zum heutigen Tage wertvolle schöpferische Impulse, ingenieurtechnische Leistungen und Entdeckungen ausgingen bzw. ausgehen.
Der Orgelbaumeister Gottfried Silbermann lät sich in der Stadt nieder. Während seiner Schaffenszeit entstehen In der Werkstatt am Schloßplatz 45 Orgeln, vier davon sind noch heute in Freiberg zu hören. 1791 wird das Stadttheater eröffnet und hier im Jahre 1800 Carl Maria von Weber`s erste Oper „Das Waldmädchen“ uraufgeführt. In der Folgezeit enstehen neue industrielle Strukturen wie die Lederindustrie, die Produktion leonischer Waren u.a.m. Es läßt sich nicht alles aufzählen…
Aber: Der Freiberger Bergbau wird 1913 durch Abschaffung der Silberwährung und Rückgang des Silberpreises erstmalig eingestellt. Endgültig dann jedoch 1969 nach zwischenzeitlich erfolgter Neu- und Wiedererschließung großer Gruben, was für die Neuzeit eine umfangreiche wirtschaftliche und ökonomische Neuausrichtung der gesamten Region erforderlich machte. Wie dies erfolgte, ist eine spannende Erfolgsgeschichte!
Namen aus Kunst (H. Witten, T. Körner, Novalis, G. Silbermann, E. Heuchler), Wirtschaft und Bergbau (U.R. v. Calw, M. Planer, A. von Schönberg, J.F. Mende, W.A. Lampadius, C.F. Brendel, S.A. Freiherr v. Herder) und Wissenschaft (W.H. v. Trebra, C.E. Gellert, A.G. Werner, A. v. Humboldt, J. L. Weisbach, F. Reich, C. Winkler) sind durch ihr Wirken eng mit Freiberg verbunden.
Und: Mit ihrer überaus reichen und „silberschweren“ Kulturgeschichte übt Freiberg seit jeher eine unübersehbare Anziehungskraft in der traditionsreichen Metropolregion aus. Unbeeindruckt von ihrer langen Geschichte ist die Stadt mit ihrer Ausstrahlung und ihrem liebenswerten Flair durchaus jung geblieben. Auch dank der mehr als 5000 Studentinnen und Studenten innerhalb und außerhalb der Stadtmauern. Heute zählt die Universitäts- und Bergstadt am Fuße des Erzgebirges mehr als 40 000 Einwohner. Sie ist zudem Verwaltungssitz des Landkreises Mittelsachsen.
Eine Liebeserklärung an meine Heimatstadt? Warum nicht…
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Quellen:
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Ulrich Thiel & Klaus Walther: FREIBERG-Begegnung mit einer Stadt; Chemnitzer Verlag und Druck GmbH, 2001
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Erzgebirgsverein e.V. Freiberg: Sonderheft Freiberger Bergrevier; 1992
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O.Wagenbreth, E.Wächtler: DER FREIBERGER BERGBAU-Technische Denkmale und Geschichte; VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie Leipzig, 1988